08 September 2013

Kinder sind kein Partnerersatz

schon gefühlte tausendmal stolperte ich über den Satz: „Kinder sind kein Partnerersatz!" So auch heute wieder und hier der (etwas überarbeite) Kommentar, den ich zu dem Thema hinterlassen habe:
 

Ja, das stimmt! Kinder sind kein Partnerersatz. Kinder sind überhaupt keine Ersatz für irgendwas, sondern unsere, uns am nächsten verbundenen Angehörigen, die wir haben können. Auch noch wenn sie dem Kindesalter entwachsen sind. Diese naturgemäße Verbundenheit (ein Naturell unserer Spezies) ist in unserer Kultur sozusagen als irrelevant erklärt worden. Doch wir wissen inzwischen längst: die fürsorgende Nähe in einer artgerechten Angehörigenbindung ist die eigentliche Basis des menschlichen Zusammenlebens und die essentielle Schutzsphäre für das Menschenkind.
Die Idee, dass manche Menschen ihre Kinder als „Partnerersatz missbrauchen“, ist eine komplette Umkehrung der eigentlichen, der ursprünglichen Wertigkeit.
Im Gegensatz zum Kind ist der sogenannte Partner, dem patriarchal-tradierend die ganze Liebe gelten soll, nur ein Surrogat, eine Ersatzperson für den in der Patriarchose
des separierten erwachsenen Menschen, verloren gegangenen natürlichen Lebenskreis.
Der heutige, vereinzelte Erwachsene ist imho niemals so „erwachsen“, dass er bzw. sie den irrwitzigen Ansprüchen unserer heutigen Gesellschaftskultur gerecht werden kann und auch nicht sollte: grundsätzlich allein (und in wechselnden Beziehungen) zu leben.
Das Einschwören auf den zukünftigen Partner, mit dem frau/mann möglichst den Rest des Lebens verbringt, beginnt in der Ausbildung unserer Kindern
schon sehr früh. Der Trend geht, auch bei der Frau, hin zum autarken, also möglichst bindungslosen, Erwachsene, der scheinbar keiner Fürsorgegemeinschaft bedarf. Dafür werden natürliche Bindungen so früh wie möglich unterdrückt und der Augenmerk auf beliebige Beziehungen verschiedener Art sowie der Anpassung an die patriarchalen Parameter gelenkt. Das patriarchal kultivierte Kind landet in verschiedenen Subsystemen, die für die matrifokale Fürsorgegemeinschaft als Ersatz dienen. Wir erziehen unsere Kinder kaum noch selbst - wir lassen erziehen und ausbilden (aber nicht unbedingt freiwillig, siehe Schulpflicht oder die Inanspruchnahme von Fremdbetreuung unter dem Druck der Erwerbstätigkeit).
Das derzeit existierende Klein-Familiensystem ist, wie im Großen, ein
patriarchal geprägtes Herrschaftssystem. Und in diesem herrscht(e) das patriarchale Prinzip der Geiselnahme, ein Nährboden für Gewalt, Übergriffigkeit und Missbrauch aller Art und daher auch immer wieder die Symptome eines Stockholmsyndrom bei den Beteiligten hervorbringt. Überall da, wo vereinzelte Erwachsene (per se die Person des Vaters u.ä.) mit einer gewissen Macht ausgestattet sind und in unnatürlichen, patriarchös eingerichteten, quasi nicht kontrollierbaren Räumen agieren, findet grundsätzlich eine Art systemimmanenter Missbrauch statt - übergriffiges Gebaren bis hin zu schweren Verbrechen.
Den heutigen Erwachsenen und hier besonders den männlichen, umgibt schon lange nicht mehr das selbstverständliche Korrektiv einer konsanguinen* Angehörigengruppe (dem menschenartgerechten Matrifokal).
Der moderne Mensch wendet sich schon während des Heranwachsens in vielen kleinen Brüchen von seiner Herkunftssippe, dem naturgemäßen Lebenskreis ab - wird systematisch von jeder Bindung „abgenabelt“.
Dabei ist es üblich, so früh wie möglich eine distanzierte, für ein Menschenkind unnatürliche, Alltagssituation zu schaffen, die sozusagen als Sprungbrett in das sogenannte „eigene“ Leben dienen soll. Das derzeitige Ziel ist in den, möglichst permanenten, Zustand der romantischen Liebe zu kommen und eine, auf sexuellem Begehren aufgebaute Lebensgemeinschaft mit einem, bis dato fremden (nichtverwandten) Menschen zu gründen. Das Erfüllen der kulturellen Maßvorgaben ist für den einzelnen fühlenden Menschen zu einem permanenten Mangelzustand an Schutzwärme, an Geborgenheit, geworden.
Nachhaltige Sentimente, Zuwendung, Aufmerksamkeit und vor allem die generationsübergreifende Fürsorge ist in unserer, auf den (männlichen) Erwachsenen mittleren Alters ausgerichteten Welt, alles andere als selbstverständlich vorhanden. Wir klagen über das Vorhandensein von ständigem Menschenmissbrauch und dabei wird übersehen, dass
mit der Hörigkeit dem patriarchalen System gegenüber täglich aufs Neue, die dazugehörigen Voraussetzungen in den Kleinfamilien und mit dem romantischen Liebesideal, geschaffen werden.
Das Menschenkind lebte in matrifokaler (evolutionär selektierter) Vollkommenheit bis dieses Primat durch mit Gewalt installierte, patriarchale Dogmen ersetzt wurden. Unsere wirklichen Lebens"Partner" sind zu allererst
unsere Mütter, unsere Kinder, unsere Schwestern, unsere Brüder ...


(* konsanguin: durch Geburt verwandt in mütterlicher Linie

aktualisiert September 2021

Stephanie Ursula Gogolin