30 Dezember 2014

Epigenetus - Gedanken aus dem Tagebuch IV

020814 Der Mensch ein Epigenetus?
Sehr spooky! Neuerdings wird dauernd darauf hingewiesen, dass das Genom sich verändert. Also eigentlich ist das doch eine ganz logische Angelegenheit, denn wäre dem nicht so, würden wir immer noch als Amöben in irgendeiner Pfütze herumpaddeln. Die genetische Information einer jeden Zelle eines jeden Lebewesen ist also stets bereit sich zu verändern. Schließlich ändern sich auch die natürlichen und die, inzwischen vom Menschen geschaffenen, künstlichen Bedingen permanent. Da ist Anpassung gefragt und nichts ist flexibler und dauerhaft in seinem Bestreben zu überleben, als das Leben selbst. Wie sagte schon Ian Malcolm in Jurassikpark: "...ich sage nur... Das Leben findet einen Weg!"
Und so ist es, das Leben findet einen Weg. Natürlich in der Regel innerhalb eines evolutionären Tempo und das ist eher gemächlich, wie wir wissen. Ich frage mich, wer überhaupt einst auf die Idee kam, dass das Leben statisch wäre und die sichtbare Dynamik aller einzigartigen Individuen einfach ignoriert hat? Wahrscheinlich waren es jene, die einst und immer noch der Meinung sind, das Leben wäre einem göttlichen Plan unterworfen.
Aber ob nun genetisch oder epigenetisch angeturnt, die Artenvielfalt innerhalb des Phänomen 'Leben' wird sich weiter akklimatisieren, integrieren und alles adaptieren, was seine weitere Existenz garantiert. Solange noch etwas da ist, an dass es sich passen kann, solange wird Leben in irgendeiner Form existieren. Ob allerdings dann noch der Mensch mitmacht, ist ungewiss.
Natürlich ändert, wandelt, sich die DNS. Sonst würde es nicht tausende Arten geben. Und Lebensbedingungen sind immer mehr oder weniger stabil. Darauf reagiert „das“ Individuum einer Spezies und setzt so die eine Veränderung, eine Entwicklung in Gang. Sind viele Individuen betroffen, entstehen bestimmte Schnittmengen, die einen besonderen Effekt dann auch schneller ausbilden. Es ist eben die seltsame Geschwindigkeit mit der auf eine natürliche Veränderung, eine Bedrohung oder gar akute Katastrophe reagiert wird und die Überlebenden einen gravierenden und nachhaltigen Eingriffs in den Lebensraum, sind nicht mehr "dieselben wie vorher" ... es ist dieses evolutionäre Tempo, dass manchmal den Eindruck erweckt es täte sich nichts wesentliches, dabei gibt es keinen Zustand der anhält und nichts bleibt wie es war...

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29 Dezember 2014

Gedanken aus dem Tagebuch III

210514 Erzähl mir vom Glück der Pusteblumen

nicht alle meine Kindeskinder leben in meiner Nähe und gerade die drei Jüngsten wohnen weit weg, so dass ich ihr Aufwachsen nur als kleine Intermezzi erlebe. Gestern sagte mir meine Tochter am Telefon, dass ihre Kleine Pusteblumen liebt. Ein Jahr und fünf Monate ist sie jetzt - da ist das Minitöchterchen schon recht gut zu Fuß, wühlt sie schon mit Hingabe im Sand und liebt es die kleinen Luftsegler der Pusteblumen auf die Reise zu schicken. Ist es nicht immer wieder wunderbar, dass sich bestimmte Menschengewohnheiten auf diese Weise wiederholen?

Natürlich macht es die Kleine vor allem deshalb, weil es da eine Mama und die großen Schwestern gibt, die ihr zeigen, wie das geht und das es Spaß macht. Wir lernten einst alle durch die Beispiele der Menschen, die uns umgaben. Doch nicht alle wachsen immer nur mit nahestehenden, liebevollen Angehörigen auf. Das gibt das moderne Konzept unserer anonymen Gesellschaft nicht mehr her. Wenn ich in meine Kindheit zurückdenke - nicht allen lag speziell unser Wohl, also das der Kinder, am Herzen. In einem heutigen Kinderleben gibt es hoffentlich wieder viel mehr wohlwollende Menschen.

... ein Kind aufziehen ist eine andere Erlebnis, als mit einem Fallschirm abzuspringen oder eine andere aufregende Grenzerfahrung zu machen. Es ist kein einmaliger Kick, sondern ein nachhaltiger Prozess in einem verlässlichen Bindunggefüge und zwar auf immer. Evolutionär betrachtet sogar noch weit darüber hinaus...



28 Dezember 2014

Trauer - Gedanken aus dem Tagebuch II

040414 ... wenn mir meine Heimat verlustig geht, bleibt mir in der Regel gar nichts weiter übrig, als mich mit den nun mehr bestehenden Lebensumständen zu arrangieren. Gleichgültig ob wir selbst entschieden haben oder uns schicksalhafte Verstrickungen heimatlos gemachten, die Anpassungsarbeit an die veränderte Situation muss das Individuum auf jeden Fall leisten.

Wir sind heute in unserer Kultur auf Nichtbindung aller Art seit Kindheit an trainiert. Nach zwei Wochen wird heute nach einem Ortswechsel schon gefragt: na hast du dich schon eingelebt? Und bei einem Verlust wird einem kaum Zeit zum Trauern und Verarbeiten zugestanden. Dieser Verlust muss nicht immer ein Todesfall sein. Täglich verschwinden Menschen aus unserem Umfeld, die bisher zu unserem Lebenskreis gehörten, die uns in irgendeiner Weise nahestanden und vertraut waren. Von Kind an gibt es in unserer fremd-strukturierten und flexibel angelegten Gesellschaftskultur ein ständiges Kommen und Gehen. Die Spielkameradin zieht weg, die beste Freundin wechselt die Schule, die Arbeitskollegin verlässt den Betrieb, der Ehemann kommt abhanden, der Freund löst die Beziehung oder eine bricht selbst mit dem eben noch innig Geliebten oder gar mit ihrem familiären Background. 

Doch nicht nur der Verlust eines Menschen - alles was wir an vertrautem Alltag verlieren beschäftigt unser Gemüt. Ein Umzug, der Wechsel der Arbeitsstelle, der Abschluss einer Schule, selbst eine größere Reise lässt unsere (Lebens)Energie aus der sonst so beruhigenden Routine und der, uns stabilisierenden, Geborgenheit fließen und die neue, manchmal auch bedrohliche Situation bearbeiten. Wir mögen es nicht, aber wir wurden darauf trainiert, uns mit einer grundsätzlichen und manchmal direkten dramatische Fremdbestimmung zu arrangieren, die keinen wirklichen eigenen Lebensrhythmus duldet.

Ständiger Verlust gehört zu unserem Alltag und ist als grundsätzliches Muster in unseren gesellschaftlichen Gepflogenheiten angelegt. Aber dieses neue, schon über ein paar Generationen tradierte Selbstverständnis (der permanenten Trennung) in unserer abendländischen Kultur ist und das wissen wir inzwischen genau, keine artgerechte Verhaltensweise unserer Spezies.


Als Individuum bleiben wir, selbst bei relativ harmlosen Verlusten, immer als jeweils allein Betroffene zurück. Und die anderen ebenso. Wir verarbeiten Trennungsschmerz und Trauer nicht mehr in homogen gewachsenen Nähe-Gruppen, sondern bleiben in der Regel auf uns selbst zurückgeworfen. Muss zum Beispiel der „Verlust“ einer vertrauen Arbeitskollegin im Alltag überwunden werden, wird kaum eine lange klagen oder darüber viele Worte verlieren, aber in unserem Inneren laufen trotzdem bestimmte Prozesse ab. Es gehört seit Prä-Zeiten zu uns sich mit Verlusten auseinanderzusetzen. Von unserer menschlichen Grundausstattung her mussten wir das einst nicht allein durchleben. Genauso wenig wie eine Mutter ihr Kind allein aufzog. Das autarke Individuum ist genau wie die isolierte Mutter ist ein moderner, aber nicht menschenartgerechter Effekt und so das klassische Beispiel für Vereinzelung, Ungeborgenheit und Verlust.

Der heutige Trend geht jedoch nach wie vor hin zur Unterdrückung und Verdrängung der Verlust-Gefühle und deren möglichst schnellen Überwindung. Sich lange damit beschäftigen oder den schmerzlichen Gefühlen Raum zu geben, ist weitgehend verpönt. Jede Art von Verlust- und Trauerarbeit wird als überflüssig angesehen bzw. wie ein Tabu gehandelt. Sogleich wird uns von allen Seiten empfohlen, doch wieder nach vorn zu sehen. Denn schließlich geht das Leben weiter. Aber es geht auch weiter, wenn wir angemessen trauern oder uns des Verlustes bewusst werden. Statt dessen ziehen wir uns vielleicht eine Weile in uns zurück, dabei lassen wir unseren Schmerz möglichst nicht den Alltag tangieren. Schließlich haben wir das von Kindheit an trainiert und bei den meisten sitzt die Konditionierung tadellos. Frauen sind immer wieder in besonderem Maße betroffen, müssen sie doch im herrschenden patriarchösen System schon seit Jahrtausenden ihre Herkunftsgeborgenheit verlassen und sehen sich mit vielfältigen Nuancen von Heimatlosigkeit, Verlassenheit und Trauer konfrontiert.

Das Problem unserer Zeit ist, dass wir bei dem permanenten Verlustszenario aus dem unser durchschnittlicher Alltag besteht, kaum noch aus unserer unverarbeiteten und permanent verdrängten Trauer herauskommen...

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27 Dezember 2014

Trennung - Gedanken aus dem Tagebuch...

13März14 Jetzt schon Abschiedsgedanken? Noch ist das Kind gar nicht weg... aber das Fortgehen kommt... ganz bestimmt ... unvermeidlich...
es bleibt das moderne Phänomen der 'Gedehnten Nähe' - also Trennung auf (unbestimmte) Zeit, Ferne mit mehr oder weniger Kontakt. Bis zur überdehnten Nähe ist es dann nicht mehr weit. 

Bleibt das ohnehin schon seit Kindertagen gelockerte Band nun mehr nur ein Dekoelement im Leben der gegenseitig Betroffenen? Zwar sind wir als Enkelin und Großmutter, allernächste Bindungsangehörige, aber was hat das heutzutage schon zu bedeuten? Läuft es auf ein 'Aus den Augen aus dem Sinn' hinaus? Werden wir auf Dauer mit der tradierten und somit gesellschaftlich verordneten Unverbindlichkeit leben (müssen)? Und können wir es denn, ohne einen Schaden zu nehmen?

Sie gehen weg, weil es angeblich gut für die Entwicklung oder weil chic ist. Geben dafür hunderte Euros aus um eine Erfahrung machen zu dürfen, die vor allem eines von ihnen fordert, sich allein ohne Halt und Schutz der Herkunftsfamilie (Sippengemeinschaft), einer Zukunft zu stellen, die a) nicht artgerecht ablaufen darf (da sowohl die Heranwachsenden sowie die Erwachsenen ein bindungsloses Leben anstreben müssen) und b) den Trend der Nicht – Mutterschaft verstärkt.
Das sind nicht nur die Klagen einer Großmutter, dass ist die erschreckende Erkenntnis einer immer währenden Zerstörung ... das Aufziehen von Kindern ein modernes Verlustgeschäft...

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Der Fluch der Eule

... ich bin dem Fluch der Weihnachtsformel verfallen ...
meine Formel für alle, die mir in diesem Jahr was schenken wollten, hat sich schnell herum gesprochen und lautete: Oma mag bunte Eulen! - Tendenz: Lila...
Und dass nur, weil ich so unvorsichtig war mein Mitleid über Putztücher mit putzigem bunten Eulenaufdruck oder winzige Radiergummis in Eulenform auf Facebook kund zu tun...
jetzt kann ich nur noch durchhalten bis sich der Design-Trend wieder ändert, erfahrungsgemäß ist der Eulenhype in einem Jahr vorbei und etwas anderes unwiderstehlich Niedliches wird sich als Dekor für jeden nur erdenklichen Gebrauchsgegenstand durchsetzen...


23 Dezember 2014

... ich bestehe aus Vergangenheit...

Das einzige reale Leben ist die Vergangenheit. Da wissen wir, dass alle Ereignisse sowie das Leben bereits stattgefunden hat. Die Vergangenheit existiert im erinnerten und im unerinnerten Sein. Sie geschah und ist daher Wirklichkeit.
Die Gegenwart ist immer nur der aktuelle Moment, der Wimpernschlag, das Geschehen im Augenblick. Die Gegenwart ist die Quelle unserer Zeitwahrnehmung. Mag sich die Zeit wie ein ewiger Fluss durch das fassliche und unfassbare Ereignen wälzen, interessant ist für mich, was ich davon wahrnehme, was ich davon erlebe. Mein eigenes Erleben ist begrenzt. Doch ist es auch Menschenart, das Erleben meiner (Außen)Kontakte dem meinen hinzuzufügen.
Ich weiß, wie die Zeit vergeht, was sie beinhaltet und sehe welche Ereignisse bisher überliefert wurden. Viele davon können für mich von Bedeutung sein. Ich bin - als Person - ein integrierter Teil dessen, was bereits da ist. Mein gesamtes Leben ist jedoch auch in den generativen Zyklus des Lebendigen eingebettet und so bin ich Individuum und zyklisches Lebewesen.
Das auf Erden gelebte komplexe Leben und dessen unerlässlichen Rahmenbedingungen, bilden meine Zeitblase Gegenwart, umgeben von der real existierten Vergangenheit
Die Zukunft ist nur ein Hoffen darauf, dass sie einmal zum Moment der Gegenwart und zur tatsächlichen Vergangenheit wird.
In meiner Wahrnehmung passieren die Ereignisse, die als Zeitabfolge in die Geschichte eingehen und diese Vergangenheit bildet die Kulisse in der wir uns unentwegt bewegen. Die Vergangeheit ist die Wirklichkeit.
Je dichter das zukünftige Geschehen an unserer Gegenwart dran ist, desto leichter lässt sie sich vorher sagen und desto wahrscheinlicher ist es, dass sie sich so gestaltet, wie wir es erhoffen. Die nächste Stunde oder den kommenden Tag können wir noch gut einschätzen. Monate, Jahre, Äonen sind nur als Tendenz vorhanden und nur bedingt hervorsagbar. Da unsere bewegte Welt aus Milliarden von Gegenwärtlichkeiten und schier unfassbaren vielen energetischen Verknüpfungen besteht welche in die bekannten physikalischen Bedingungen eingefasst sind, ist die Zukunft stets ungewiss. Aber aus einer durch uns zufrieden gestalteten Vergangenheit und einer glücklich performten Gegewart heraus, lässt sich auch die Ungewissheit der Zukunft ertragen...


... diese Betrachtung wurde inspiriert durch den Artikel in "Rette sich wer kann"

15 Dezember 2014

... was ist denn hier passiert?

... seit Oktober keinen einzigen Eintrag und schon ewig kein Foto mehr?
Aber es gibt eine einfache, wenn auch nicht sehr hoffnungsfrohe Erklärung dafür:
ich stecke in einem unterirdischen Gang fest... ich bin versehentlich um eine andere Ecke gebogen und jetzt ist meine Schwester Rike weg, es ist finster, ein gruseliger Luftzug hat meine Kerze verlöschen lassen, beim Stolpern über eine felsige Erhebung verlor ich meine Streichholzschachtel ... und ... zu allem Überfluss bin ich erst elf Jahre alt und absolut keine Freundin von Abenteuer und Nervenkitzel ... aber ...
ich habe die goldene Murmel wieder gefunden...


13 Oktober 2014

alles bestens...

...älter werden ist nichts für Feiglinge, heißt es.
Aber es ist auch nichts für Einzelkämpferinnen. Dafür sind wir nicht gemacht. Irgendwann geht jeder mal die Puste aus und dann sind wir vielleicht nicht fertig geworden mit unserer persönlichen Bastelei an der Gegenwart und Zukunft oder dem Nachholen der verpassten Gelegenheiten. Plötzlich ist es eine Minute vor Zwölf und wir haben den Sinn des Lebens immer noch nicht richtig begriffen und nicht alles erledigt, was wir so gern noch getan hätten. Vielleicht müssen wir die Bühne mit dem schalen Gefühl verlassen unsere Rolle nicht ausagiert zu haben. Und so holt mich von Zeit zu Zeit die zickige Frage des Schicksals ein: hast du auch dein Bestes gegeben?
Aber inzwischen (das kommt mit dem Alter) kann ich mit feinem Lächeln antworten: aber ja doch... ich hätte nicht gewusst, was ich noch hätte besser machen sollen und alles, was ich trotzdem nicht vollendet habe, hinterlasse ich guten Gewissens meinen Töchtern, meinem Sohn, meinen zwölf Kindeskinder!
Das ist wahrlich ein gutes Gefühl … und so kann ich mich zwischen all meinem Bemühen und sonstigen Vorhaben in denen ich noch immer stecke, ab und zu zurücklehnen, auf die erfüllten Jahre blicken und ebenso auf die ungewisse Zeit, die noch vor mir liegt. In diesen beschaulichen Momenten denke ich: ...es ist nicht schlimm, wenn ich in meiner Lebensspanne nicht fertig geworden bin, mit all meinen Projekten, den guten Absichten oder auch kopflosen Aktionen ...nach mir kommt nicht etwa die Sintflut... im Gegenteil... in so viele Händen und Herzen ist mein Vermächtnis gut aufgehoben...

11 Oktober 2014

Verlustigt - Fundstück aus einer Sammeldatei

Wenn mir meine Heimat verlustig geht, bleibt mir in der Regel gar nichts weiter übrig, als mich mit den nun mehr bestehenden Lebensumständen zu arrangieren. Gleichgültig ob wir es selbst entschieden haben oder uns schicksalhafte Verstrickungen heimatlos gemachten, die Anpassungsarbeit an die veränderte Situation muss das Individuum auf jeden Fall leisten.

Wir sind heute in unserer Kultur auf Nichtbindung seit Kindheit an trainiert. Nach zwei Wochen wird heute nach einem Ortswechsel schon gefragt: na hast du dich schon eingelebt? Und bei einem Verlust wird einem kaum Zeit zum Trauern und Verarbeiten zugestanden. Dieser Verlust muss nicht immer ein Todesfall sein. Täglich verschwinden Menschen aus unserem Umfeld, die zu unserem Lebenskreis gehörten, die uns in irgendeiner Weise nahe standen und vertraut waren. Von Kind an gibt es in unserer fremd-strukturierten und flexibel angelegten Gesellschaftskultur ein ständiges Kommen und Gehen. Die Spielkameradin zieht weg, die beste Freundin wechselt die Schule, die Arbeitskollegin verlässt den Betrieb, der Ehemann kommt abhanden, der Freund löst die Beziehung oder eine bricht selbst mit dem eben noch innig Geliebten oder gar mit ihrem familiären Background.

Ständiger Verlust gehört zu unserem Alltag und ist als grundsätzliches Muster in unseren gesellschaftlichen Gepflogenheiten angelegt. Aber dieses neue, schon über ein paar Generationen tradierte Selbstverständnis (der permanenten Trennung) in unserer abendländischen Kultur ist und das wissen wir inzwischen genau, keine artgerechte Verhaltensweise unserer Spezies.

Als Individuum bleiben wir, selbst bei relativ harmlosen Verlusten, immer als jeweils allein Betroffene zurück. Und die anderen ebenso. Wir verarbeiten Trennungsschmerz und Trauer nicht mehr in gewachsenen Nähe-Gruppen, in unseren angehörigen Lebensgemeinschaften, sondern bleiben auf uns zurückgeworfen. Muss zum Beispiel der „Verlust“ einer vertrauen Arbeitskollegin im Alltag überwunden werden, wird kaum eine lange klagen oder darüber viele Worte verlieren, aber in unserem Inneren laufen trotzdem bestimmte Prozesse ab. Es gehört seit Prä-Zeiten zu unserer Art sich mit Verlusten auseinanderzusetzen. Von unserer menschlichen Grundhaltung her mussten wir das jedoch nicht allein durchleben, genauso wenig als isolierte Mutter die eigenen Kinder allein aufziehen.

Der moderne Trend geht jedoch nach wie vor hin zur Unterdrückung und Verdrängung der Verlust-Gefühle und der möglichst schnellen Überwindung. Sich lange damit beschäftigen oder den schmerzlichen Gefühlen Raum zu geben, ist verpönt. Jede Art von Verlust- und Trauerarbeit wird als überflüssig angesehen bzw. wie ein Tabu gehandelt. Sogleich wird uns von allen Seiten empfohlen, doch wieder nach vorn zu sehen. Das Leben geht weiter. Aber es geht auch weiter wenn wir angemessen trauern oder uns des Verlustes bewusst werden. So ziehen wir uns also eine Weile in uns zurück und lassen unseren Schmerz möglichst nicht den Alltag tangieren. Schließlich haben wir das von Kindheit an trainiert und bei den meisten sitzt die Konditionierung tadellos. Frauen sind immer wieder in besonderem Maße betroffen, müssen sie doch im herrschenden patriarchösen System schon seit Jahrtausenden ihre Herkunftsgeborgenheit verlassen und sehen sich mit vielfältigen Nuancen von Heimatlosigkeit konfrontiert.

28 September 2014

time run

... schon neigt sich der September dem Ende zu und wir dürfen uns des beginnenden Herbstes erfreuen ... derzeit hat mich dieser merkwürdige Effekt voll erwischt: je älter ich werde, desto schneller vergeht die Zeit ... das ist ein interessantes Phänomen, das ich schon immer einmal untersuchen wollte, leider fehlte mir bisher die Zeit dafür … 
das heißt, im Moment ich komme zu nichts, möchte hundert Dinge gleichzeitig tun und die Zeit fließt mir wie Wasser durch die Hände. Außerdem kommen mir immer wieder so kleine Ereignisse dazwischen, mit denen eine stillvergnügt vor sich hin lebende Alte, einfach nicht rechnet - wie der unverhoffte Krach mit einer Freundin, eine Einladung zur Tupperparty oder ein Staubsaugertransport von L nach B ... dabei wäre mir der ultimative Einfall für das Kinderbuch viel lieber, aber so ist es nun mal ... vielleicht hat meine Muse schon Herbstferien oder sich beim Spielen mit den Morgennebeln verirrt ... deshalb nehme ich jetzt einfach das, was mir vor meiner Nase liegt ... 
die ach so flüchtige Zeit in Worte gegossen, führt wie eine Brücke von den Ufern so manch einer Zeitinsel in viele phantastische Welten ... eine Zeitreisegeschichte in ein Kinderbuch einzubauen ist zwar wahrlich keine genial neue Idee ... aber es ist eben so - Zeit faszinierte mich schon immer ... die längst vergangene oder die, die noch vor uns liegt ... Vergangenes heraufzubeschwören macht die banale Gegenwart wunderbarer und Zukünftiges in ihr entdecken, macht sie geheimnisvoller... 



13 September 2014

Das bisschen Haushalt

Als Mutter von vier Kindern weiß ich noch zu gut, was ein halbwegs vernünftig geführter Haushalt für Arbeit macht und auch ich habe dereinst die meisten der Aufgaben, die in dem Sechs-Personen-Haushalt anfielen, neben teilweiser Berufstätigkeit, allein wuppen müssen. Ich erinnere mich an jahrelanges ständiges Rotieren. Das Grundproblem der heutigen Haushaltsführung – im 21. Jahrhundert und im westlichen Kulturkreis - liegt nicht nur in der abwertenden Sicht auf jede Form der Haus- bzw. Mutterarbeit, sondern auch, ganz pragmatisch gesehen, in der Verteilung der anfallenden Arbeit auf die vorhandenen hausarbeitenden Kräfte innerhalb der Durchschnittsfamilie. 
Die heutige (Kern)Familie besteht im Idealfall aus zwei Erwachsenen (und mehr denn je aus nur einem) und irgendwann, aber nicht immer, aus den dazugekommenen Kindern. Wir haben es hier bekanntermaßen mit der sogenannten Kleinfamilie zu tun – Vater, Mutter, Kind(er) - in der in der Regel auf jede Form eines unmittelbaren, generationsübergreifenden und kooperierenden Miteinander weiterer Angehöriger verzichtet wird.
Auf Grund eines imaginären und rein ideologischen Mainstream-Codes lösen sich, eingedenk diverser und allgegenwärtiger Parolen, junge Leute so früh wie möglich aus ihren Herkunftszusammenhängen. Und jede Älterngeneration beginnt bereits ab der Geburt eines Kindes in vorauseilendem Gehorsam, den Kindern die gern zitierten Flügeln zu geben, manchmal noch bevor sie ihnen Wurzeln gaben. 
Diese allseits akzeptierte Befolgung ideologischer Dogmen bringt Mütter dazu, beinahe klaglos ihre großen aber durchaus noch nicht erwachsenen Kinder ziehen zu lassen und dabei jeden artgerechten Schmerz über das „verlorene“ Kind zu leugnen oder ihn sich schön zu reden. Dafür werden in fantasievoller Art für die Zukunft Chancen und Vorteile beschrieben, die sich durch die, oft rigorose Trennung für beide einstellen würden. Diese kollektiv beschworenen Vorteile münden in der konditionierten Vorstellung: „...endlich das eigene Leben zu leben“ - als hätte mann, frau bzw. kind das vorher nicht gekonnt. Es existiert die lächerliche Überzeugung, dass im Kreise von Bindungsangehörigen kein „eigenes“ Leben möglich sei. 
Der moderne Mensch versucht krampfhaft, seinen angeborenen Drang zur Bindungsnähe zu überwinden und eine Art unabhängiges Individuum zu werden. Was für den Menschen als Lebewesen eigentlich keinen Sinn macht. Außerdem wird bei diesem Bestreben nur die natürliche Abhängigkeit von der vertrauten Bindungs- und Nähegruppe der Fürsorgegemeinschaft gegen die fremde und generell wenig wohlmeinende Abhängigkeit der anonymen Großgesellschaft eingetauscht. Der künstlich geschaffene Bedarf von "totaler individueller Freiheit" stützt sich in unserer Mainstreamkultur auf eine merkwürdige Devise: nur die Liierung mit einem außenstehenden, also bislang fremden, Lebenspartner ermöglicht uns ein eigenes und erfülltes Leben zu führen! 
Aber selbst zu diesem Phänomen, das wir unter (großer und möglichst romantischer) „Liebe“ kennen, gehört immer und ganz pragmatisch auch ein Haushalt - der Ort an dem der praktische, der existenzielle Alltag bewältigt werden muss.
(Fast) alle jungen Frauen und Jung-Männer lernen früher oder später selbst einen Haushalt zu händeln und ich kenne einige, die machen das im Alleingang richtig gut. Während der Studien- oder Lehrzeit „üben“ manche in einer WG oder ziehen mit Freund oder Freundin zusammen. Ein Einfrau/Einmann-Haushalt ist zwar auch in unserer Zeit an manchen Stellen eine gewisse Herausforderung, aber durchaus zu schaffen. Da gibt es diese Mac Donald – Werbung in der eine Mutter wohlmeinend in der WG ihres Sohnes mitgebrachtes Essen in der Küche abstellt und ihm das telefonisch mitteilt. Worauf dieser, während er in einen Burger beißt, nachdenklich seine Kumpels fragt: „Wir haben eine Küche?“ 
Die anfallende Arbeit im Haushalt kann also auf ein Minimum beschränkt und zum Teil outgesourct werden. Der Aufwand an Hausarbeit ist mit dem persönlichen Anspruch und einem Zeitfaktor gekoppelt.
Ab einem bestimmten Zeitpunkt ist fast jeder heranwachsende Mensch (das Kind) in der Lage im Rahmen der vorhandene Ressourcen sich selbst zu versorgen und dabei lernt das größere Kind quasi nebenbei auch die Hausarbeit innerhalb seiner kulturellen Parameter kennen.
Hausarbeit, das ist die, die Existenz erhaltende und sichernde, Arbeit in der eigenen Niederlassung. Aber so oder so, in den heute tausendfach vorhandenen privaten Haushalten pflegen sich in der Regel früher oder später die hausarbeitenden Mitglieder auf maximal zwei verantwortliche Erwachsene einzupegeln.
Gewisse gesellschaftliche Rollenvorgaben tradieren immer noch die 'Hausfrau', da die Frau, meist in ihrer Eigenschaft als Mutter, auch heute aus vielerlei Gründen und anerkannter Weise mehr Zeit als der Mann im Familienhaushalt verbringt. Schnöde Hausarbeit ist für den Durchschnittsmann immer noch ein eher unattraktives Szenario. Die heutige Frau wehrt sich, am Herd angekettet zu sein; sie zerrt seit etlichen Jahrzehnten an diesen imaginären Ketten. Die brave Fünfziger-Jahre–Hausfrau (bei der es sich auch eher um einen Mythos handelt) ist schon lange out. Frau möchte gesellschaftliche Teilhabe, Beruf und Karriere und dabei aktive mitmenschliche Nähe. Nichts ist für einen (weiblichen) Menschen weniger artgerecht als ein Leben in einer gewissen Isolation zu fristen und das auch noch weitgehend fremdbestimmt. Aber wie auch immer, den Haushalt wird sie trotzdem nicht los, genauso wenig wie der Mann - der Mensch hält sich immer in irgendeinem Haushalt auf.
Das private Refugium, in dem der Rückzug von der Arbeitswelt stattfindet, wird als unser Haushalt definiert. So ist es seit der Zeit, da die ersten Menschengemeinschaften in bewusst eingerichteten Lagern und Behausungen ihren Alltag gemeinsam verbrachten. Unsere Urahninnen haben den Haushalt erfunden und seitdem ist diese menschliche Lebensbasis die Grundlage des gesamten Wirtschaftens. Deshalb mahnen auch immer mehr Denkerinnen an, unsere Weltwirtschaft als einen großen Haushalt anzusehen, der er de facto nun mal ist. Gut haushalten, gut wirtschaften zu können mutet uns nicht nur als unerfreuliche Arbeit an. Es ist auch eine Kunst und hier kommt Kunst direkt von 'Können'. Eine reibungslose und alles Notwendige beinhaltende Haushaltsführung ist ein beachtliche Leistung. 
Einst gab es nämlich die unnatürliche Trennung von „wertvoller“ Arbeit außerhalb des Hauses und der „niedrigen“ Arbeit im Haus nicht .... und nicht nur deshalb, weil es damals sozusagen kaum Häuser gab. Die Wertschätzung oder die Abwertung der lebenserhaltenden Haus- und Umgebungsarbeit ist immer auch an den (gesellschaftlichen) Status der Frau gekoppelt.
In der frühen artgerechten Matrifokalität war 'die Frau und Mutter' die Mitte der Fürsorgegemeinschaft und der Mann als Sohn und Bruder in Matrilinearität natürlicherweise fest mit eingebunden. Das ist unsere menschliche Natur und dazu gehörte schon immer die unerlässliche Alltagsarbeit. Diese wurde gemeinsam verrichtet, um die Gruppe der konsanguin lebenden Angehörigen zu erhalten und um den Nachwuchs menschen-art-gerecht aufwachsen zu lassen. Das muss jedenfalls einst über einen langen Zeitraum hinweg gut geklappt haben, denn sonst wüssten wir nicht, was Zufriedenheit, Wohlbefinden, Glück und zugeneigtes Miteinander bedeutet. Es liegt in unseren „Genen“ in einem vertrauten Miteinander auf gemeinsamer Haushaltsbasis Lebenszeit zu verbringen. Daher wäre es dringend angesagt, die absonderliche harte Trennung zwischen geachteter Erwerbsarbeit und geschmähtem Weiberaufenthalt am 'heimischen Herd' schleunigst zu überdenken... 

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02 September 2014

eisig spenden

Es gibt eine Menge Veranstaltungen, Kaufverlockungen oder vom Mainstream tolerierte Happenings, also 'Dinge, die die Welt nicht braucht', welche trotzdem von Zuschauern, Käufern oder Fan heftigst frequentiert werden. Es ist meist der Unterhaltungswert, der in den Aktionen steckt und der die Menschen verlockt sich passiv oder manchmal aktiv zu beteiligen.
Natürlich haben die meisten Kampagnen, Initiativen, Mitmachaktionen, Aufforderungen und Angebote, den schnöden Hintergrund für irgendwen Geld in die Kassen zu spülen. Aber das ist schließlich bei allen uns bekannten (modernen) inszenierten Ereignissen wie bestimmten Event – Fernsehsendungen, Großkonzerte oder Sportveranstaltungen der Fall. Während einst die Gladiatorenkämpfe in der Regel von großzügigen Sponsoren (eine Art antike Öffentlich Rechtliche) ausgerichtet wurden, um die Massen zu belustigen und bei Laune zu halten, sind wir es gewohnt nicht nur unsere Zeit und (Lebens)Energie in die Stadien oder vor die Monitore zu tragen, sondern auch unserer Geld. Auf die ein oder andere Art zahlen wir immer für jedwede Form der Unterhaltung.
So ist es, um beispielsweise Spenden zu sammeln, schon seit langem üblich, dass die Initiatoren einen möglichst attraktiver Aufhänger, es darf auch ein richtiger Aufreger sein, finden, der die Leute animiert, ihr Geld locker zu machen. Und sehr viele lassen sich gern faszinieren und vom Unterhaltungswert der Darbietungen mitreißen. Allerdings sind in den meisten Fällen die Fans nur die
passive und somit die applaudierende und zahlende Masse.
Nun bleibt uns noch die Sicht auf die derzeit laufenden Aktion: Eiswasser versus Spenden...

wobei das Eiswasser ja wohl als eine Art Strafe gedacht ist, wenn einer nicht bereit war zu spenden. Um diese fiese Nötigung in die Gänge zu bringen haben die Veranstalter das Schneeballsystem der Nominierung von Bekannten mit der Grundidee des Geldeintreibens verknüpft. Allerdings wurde daraus eine Art weltweiter Spaß, der mehr Furore machte als der Spendengrund, die Forschung um eine schwerwiegende Krankheit zu fördern.
Zahllose Menschen schütteten sich vor der laufender Kamera Eiswasser über den Kopf, um dann doch noch für alles mögliche (zumindest in Deutschland) zu spenden. Ganz offensichtlich haben die Initiatoren einen Nerv und ein Verlangen getroffen, das im World Wide Web ausgelebt werden kann. Dem Spendenden bzw. Nichtspendenden wurde ein aktive Rolle zu gedacht und damit der Möglichkeit Tür und Tor geöffnet, sich selbst in Szene zu setzen - sich in einer mehr oder weniger gepflegten Performance  vor einer Kamera zum Obst zu machen oder als Edelmütigen darzustellen, der auch noch Spaß versteht.
All jene, die aus dem Kopfschütteln nicht herauskommen (darüber, dass sich die Selbstdarsteller letztendlich vor den Karren der Pharmaindustrie spannen ließen und zum Zwecke billiger Publicity kostbares und auch noch gefrostetes, Nass verschwendeten, während anderen Ortes Menschen um das lebenswichtige Wasser kämpfen) sei jedoch gesagt: unterschätzt nicht, das Verlangen der Menschen nach jedweder Form der sich bietenden Gelegenheit zur Eigenwerbung in Zeiten des Internets und der sozialen Netzwerke.

20 August 2014

ahnen und wissen

Heute mal wieder ein Auszug aus einem (leicht überarbeiteten) Kommentar, den ich in einer geschlossenen FB-Gruppe gepostet habe und der nicht nur meine Haltung zum Thema "Relgion und esoterische Verzückung" klarstellt, sondern auch die Göttin unserer frühen Steinzeitahninnen etwas in Frage stellt:

... ich sehe nicht nur die gesamte Religionsverwobenheit unserer derzeitigen Kultur eher kritisch und differenziert, sondern bin auch nicht wirklich gewillt in jeder der tausend weiblichen Figurinen des Paläolithikums den Nachweis einer frühen Göttinenreligion zu erkennen. Je länger ich in dieses Thema eintauchte, desto weniger Geduld bringe ich diesen Konglomeraten aus allen möglichen Versatzstücken patriarchöser Religionen und Lehren, germanischen Götteransammlungen sowie diversen New Age – Vorstellungen des 'Alten Pfads' auf, die alle ihre Wurzeln letztendlich in der patriarchösen Gewaltgesellschaft haben. Wenn Frauen heute noch an gewissen Religions- und Glaubenszugehörigkeiten festhalten, dann sehe ich es eher als Komponente des kollektiven Stockholmsyndrom der Patriarchose an.

Trotzdem gehe ich davon aus, dass die Frauen der frühen (matrifokalen) Gemeinschaften innerhalb ihres Alltags so etwas wie Rituale ausführten. Meines Erachtens dienten sie aber weniger einem Göttinnenkult (so wie das heute gern tradiert wird), sondern waren aller Wahrscheinlichkeit nach ein wohldurchdachter Bestandteil ihres Alltags – eine unterstützende Handlungsroutine, Erinnerungshilfe und kultische Weitergabe des erworbenen Wissens in die nächsten Generationen. Auch eine Ahninnen-Verehrung wird es relativ früh gegeben haben, denn eine der menschlich-evolutionären Strategien ist die (inter)aktive individuelle und kollektive Erinnerung. Ich würde diese frühen Wert- und Weltvorstellungen als Memplexe ansehen, die allerdings keinen starren Strukturen unterworfen waren und sind.

Ideologien, die zur Unterfütterung diverser Religionsvorstellungen dienen und die ihren Mitgliedern vorschreiben, wie sie zu glauben und zu handeln haben, entstanden meines Wissen erst unter einem patriarchalen Vorzeichen. Starre angepasste und ankonditionierte Formen sind naturgemäß keine weiblichen Intentionen - innerhalb der Natürlichen Mütterlichen Ordnung ist das Individuum frei und artgerecht eingebunden in eine menschliche Angehörigen- und Fürsorgegemeinschaft.
 
Die, auf den naturbedingten Strukturen des Lebenserhaltes beruhenden Subroutinen der Alltagsabläufe unserer Ahninnen, werden heute, in Anlehnung an die noch vorhandene indigene Praxis, auch gern als Schamanismus bezeichnet ... aber all die Heilerinnen und Schamaninnen und Seherinnen waren imho keine besonderen Ausnahmefrauen, sondern einfach nur die Mitglieder der matrifokalen Fürsorgegemeinschaften. Denn auch damals gab es sinnvollerweise eine sozialfördernde Arbeitsteilung in dem generationsübergreifenden und geschwisterlichen Miteinander. In ihrem ganz banaler Alltag praktizierten unsere Urmütter die Grundlagen ihrer lebenserhaltenden Kultur innerhalb der artgerechten Erfordernisse.
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16 August 2014

Intuition und Erdbeereis


... auf FB schreibt A. Aliti gerade: "Hüte dich vor deiner Intuition! Alles, was sie will, ist ein Vanilleeis..." - Interessante Sichtweise.
Also meine Intuition würde ein Erdbeereis wollen, wenn sie denn auf die Idee käme, etwas zu wollen. Und ich wiederum käme nicht auf die Idee, mich vor meiner Intuition hüten zu wollen. Ich möchte viel lieber den Satz ausrufen: habt keine Angst vor eurer Intuition – ihr seid eins mit ihr!
Unsere Intuition - natürliche, und wahnsinnig schnelle, Sofortreaktion unseres Gesamtkörpers, manchmal als Denkleistung missverstanden - greift ständig auf unseren individuellen, gigantischen Wissensspeicher (Hirn) und unsere anderen (epi)genetisch und memisch angelegten Pools, zurück.
Vielleicht auch auf das sogenannte Zellgedächtnis - sie ist also nicht nur auf die selbstgemachte Erfahrungen nach unserer Geburt innerhalb der vorhandenen morphogenetischen Felder im Gemeinschaftskontext unserer Spezies angewiesen.

Die größte Kraft aller Lebewesen ist die komplexe "Erinnerung" in unseren Chromosomen und damit in den jeweiligen Körpern. Sie findet ihren Ausdruck im instinktiven Verhalten und dem Drang Überlebens"Erfolge" zu replizieren. Die in den Zellen der Mütter eingelagerten Daten (die ererbten und die später selbst gemachte und abgeschauten Erfahrungen) stehen uns grundsätzlich zur Verfügung. Die geistige Weitergabe über Sprache ist, als ein Teil der Menschenkommunikation, eine Strategie in der evolutionären Überlieferung. Der interaktive Gesamtaustausch, den die  Spezies Mensch beherrscht, beansprucht mehr als nur den Sinn des Hörens. (Und die Schrift, die wir heute als so essentiell ansehen, ist nur ein Sahnehäubchen jüngeren Datums auf der interaktiven Menschen- sowie komplexen NaturKommunikation.)
Zum Fühl-Denken benutze ich nicht nur meinen Kopf, sondern meinen ganzen Körper und das ist das Tolle dabei, dieses Gesamtpaket hat einen Vorab-Ausdruck der zu erwartenden Reaktionen auf die Anforderungen meiner Umwelt: die Intuition.
Die Intuition stammt noch aus der Zeit, als nicht alles zwanghaft durch Denken und gedachte Sprache gelöst wurde, sondern nur reflexhafte Reaktionen, ausgelöst durch eine Instinktsteuerung, welche die Lebewesen und irgendwann auch uns, die Menschen, tagtäglich überleben ließen. 
Unter Intuition verstehe ich die Bündelung unserer fünf Sinne und mindestens des sechsten und siebten noch dazu - wir nennen sie auch Ahnung oder Bauchgefühl, und sie ist keine "Kopfleistung", wie sich auch oft vorgestellt wird. Das Sonnengeflecht mit seiner hohen Konzentration von Nervenbündeln, in dem scheinbar unsere Intuition sitzt, wird nicht umsonst auch Bauchgehirn genannt und es arbeitet unablässig, aber unwillkürlich. 
Wenn ich es recht überlege, wollte meine Intuition noch nie ein Vanille- oder Erdbeereis, aber sie führte mich oft genug genau dahin, wo ich schon immer einmal hinwollte, wo ich mich wohl fühle, wo es mir gut geht. Und ebenso oft entgegen der Unkenrufe aus meinem kultur- bzw. zivilisationsgesteuerten, tradierten und manipulierenden Umfeld. Allen anderen Meinungen zum Trotz behaupte ich - weiß ich - dass meine intuitive innere Führung nur mein Bestes im Sinn hat. Dieses Beste war in grauer Vorzeit dafür da, das eigene Überleben zu garantieren. Und das fand bei der Spezies Mensch als Alltagsleben im Kreise der angehörenden Verwandten statt, im Verbund mit den Menschen, mit denen uns ein gegenseitiges, wohlmeinendes und fürsorgendes Miteinander verband.
Der andere Haupteffekt des Lebens, der zum urtümlichen Grundausstattungspaket gehört, ist der (ebenfalls) unwillkürlich angelegte Drang zum Arterhalt. Hier ist nicht flüchtiger erotischer Spaß gemeint, sondern vorrangig, also noch vor allem anderen, das lebenserhaltende Aufziehen des Nachwuchses und das generationsübergreifende Miteinanderleben, also unser menschenartgerechte Sein, das durch die Mütter garantiert wurde.
In diesen naturgemäßen Lebenskonstellation hat sich wohl die, einst und heute noch wie eh und je wirksame, Intuition gebildet.
Natürlich ist der Gebrauch (die bewusste Wahrnehmung) unserer Intuition, genau wie das Denken, auch eine Übungssache. Wir müssen lernen unsere Körperreaktionen zu deuten. Nachdenken, überhaupt Denken ist wichtig in der Welt in der wir leben, aber wir dürfen unsere Gemütsbewegungen, Empfindungen und Gefühle sowie Affekte, weder außer acht lassen, noch unterdrücken. Mehr denn je, werden sie heutzutage mit tausenden zivilisatorischen Eindrücken und widersprüchlichen Erfahrungen überlagert.
Die Intuition diente dem körpereigenen Verbundnetz auf die Außenwelt möglichst angemessen zu reagieren - angemessen im Sinne des Selbsterhaltes.
Intuition ist keine Entscheidung des Herzens, sondern sie sitzt tiefer. Sie ist das Bauchgefühl, das unter anderem dem sogenannten ersten Eindruck seine Bedeutung verleiht. Für viele ist sie die wichtige Entscheidungshilfe. Sie ist immer da und wird meist unbewusst genutzt. Sie gibt den Ausschlag für oder gegen eine Entscheidung oder macht es uns leichter, wenn wir in einem Dilemma stecken.
Die Intuition ist sozusagen die Ursteuerung, zu der immer noch die Erfahrungswerte aus unserem Lebens als Person hinzukommen.
Unsere Intuition, die aus den Tiefen der Urzeit stammt, will dass wir auf der sicheren Seite sind - sie ist eine Überlebensstrategie, ein Teil unseres elementaren Lebenserhalt. Aber wenn wir aus welchen Gründen auch immer gewisse Risikogrenzen - freiwillig oder fremdbestimmt - überschreiten, sorgt in der Regel unsere Intuition dafür, dass wir blitzschnell abwägen, wie weit wir noch gehen können oder sollten.
Wenn diese Notbremse allerdings nicht mehr funktioniert, wenn wir auf unser Bauchgefühl nicht mehr hören und daher auch die Ahninnen uns nicht mehr durch unsere Ahnungen beschützen, dann sind wir vielleicht nur noch ein Spielball der Ereignisse ...tja und dann rechnet unser Intuitionsnavi solange, bis er eine neue Route aus dem Schlamassel gefunden hat. Da unser Navi dafür da ist, dass wir weiterhin einen möglichst sicheren Weg beschreiten, schlägt er uns dann in der Regel vor: Wenn möglich, bitte wenden... 
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12 August 2014

lobe, lobe, lobe...


'wir loben andere und uns selbst nicht genug und wir werden zu selten gelobt'... so die gängige Meinung, die mir immer wieder begegnet. Wenn wir uns gegenseitig mehr loben würden, ginge es uns allen besser. Aber stimmt das?
Das Loben erfolgt in der Regel von oben nach unten. Der Ältere lobt den Jüngeren, der Lehrer den Schüler, der Chef den Angestellten, der Experte den Amateur, der Wissende den Unwissenden... und manchmal kommt es einem auch so vor als würden Frauen nur von Männern gelobt. Anders herum ist es in unserer Kultur eher unangemessen. Das Loben für Andere setzt voraus, dass ich einschätzen kann, dass es gut und richtig ist, was sie tun.
Es gibt also immer einen der beurteilen kann, ob das Verhalten, die Arbeit, die Bemühung zu loben ist oder nicht. Und damit ist dies Art Lob auch eine gewisse Form der Demütigung. Aber vielleicht gibt es auch noch andere Formen des Lobes.
Mag ein Kleinkind noch in Entzücken verfallen, wenn die Mutter mit Begeisterung in der Stimme und einem Strahlen im Gesicht dem Winzling versichert: Das hast du ganz toll gemacht, mein Schatz... dabei ist für den Zwerg die Wortwahl kaum von Bedeutung, hier zählt Körpersprache (Zugewandtheit), die entsprechende Stimmmodulation und das glückliche Gesicht der lobenden Person. Das kleine Kind, das noch ganz viel Orientierung braucht, um sich in seinem Nähe-Umfeld in den bestehenden Beziehungsregeln zurecht zu finden und um sich anzupassen, ist auf diese Zustimmung seines Seins und Tuns angewiesen. Dabei geht es weniger darum erfreut zu sein, dass das Verhalten des Kindes Anklang fand oder dass es nun gelernt hat Türmchen zu bauen, sondern darum, dass es sich angenommen und geborgen fühlt. 
Eine der wichtigsten menschlichen Überlebensregeln im Sinne der Evolution lautet: am besten bist aufgehoben in einem wohlwollenden, verlässlichen Menschenkreis, in dem du dich angenommen, akzeptiert und geliebt fühlst. Je kleiner wir sind, desto eher ist das, was allgemein unter 'loben' verstanden wird, noch zu tolerieren.
Das größere Schulkind reagiert dagegen auf ein: 'das hast du aber fein gemacht', wohl eher irritiert oder beleidigt. Etwas ganz anderes ist es jedoch, wenn in einem Lob Bewunderung und Anerkennung ob einer individuellen oder besonderen Leistung mitschwingt (wenn z.B. ein Elternteil allen Grund hat der Zwei in Mathe seines Sprösslings Bewunderung zu zollen, wenn er selbst über eine Vier selten hinauskam).
Ich ersetze daher das „Loben“ viel lieber durch die Begriffe Akzeptanz und Anerkennung. Auch wenn wir Frauen uns untereinander nicht genug loben, hat das viel damit zu tun, dass immer noch zu wenig Achtsamkeit, Wertschätzung und Zustimmung den alltäglichen Umgang untereinander bestimmt. Wir wünschen uns zwar, dass andere uns anerkennen, reagieren bei Lob jedoch eher verhalten bis misstrauisch. 
Und das ist nicht verwunderlich ist, trugen doch die letzten tausende Jahre nicht dazu bei, die Frau an sich, als das wunderbare Wesen zu sehen, dass sie von Natur aus nun mal ist. Außerdem wurde der naturgemäße innige Verbund von Großmüttern, Müttern, Töchtern und Schwestern gründlich zerschlagen ... einander entfremdet und zur Konkurrentin um den Mann gemacht, bekommt selbst ernst gemeintes Lob von der nächsten Verwandten oder Freundin, den bitteren Beigeschmack eines Lippenbekenntnisses ... fangen wir also mit bewusster Achtsamkeit, aufrichtiger Anerkennung und wohlwollender Zuneigung an...
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11 August 2014

wollen oder müssen

... je älter ich werde desto mehr setze ich mich mit dem beliebten Dogma des "ich muss" in unserer Gesellschaft auseinander. Der antrainierte Drang etwas noch unbedingt erledigen zu müssen ist meist gekoppelt mit dem des vorauseilendem Gehorsam. Was wir „müssen“ haben wir frühzeitig verinnerlicht. Unser Alltag besteht in jungen Jahren größtenteils aus dem Lernprogramm der kollektiv verfassten To do - Listen für das gesellschaftskonforme Leben.
Alle zu erbringenden Leistungen, die wie Meilensteine den Weg unserer persönlichen Existenz zerstückeln, wurden zum Teil schon lange vor unserer Geburt auf die, zivilisatorisch und kulturell sanktionierten, Lebenslisten gesetzt. Zwischen sehr alten Traditionen und scheinbar modernen Erfordernissen richten wir unser Dasein so gut wie möglich ein.
So ist einer der oberen Punkte sich bei Eintritt in das Erwachsenenalter unbedingt einen Lebenspartner zu suchen. Dieser Punkt kommt gleich nach der Abnablung von der Herkunftsfamilie im Jugendalter. Wir folgen dabei kaum noch dem naturgemäßen, sonder einem stark kulturell kreierten Schema. Manches davon ist für uns persönlich zufriedenstellend und macht uns vielleicht sogar glücklich. Daher wird das meiste von den meisten ein Leben lang gehorsam erfüllt und nur mit zunehmendem Alter hinterfragen die eine oder der andere den Sinn der vorgefertigten Schemata, denen wir so brav gefolgt sind.
Das was den Alltag des Durchschnittsindividuums ausmacht, wurde uns durch verschiedene Lehrmeinungen als unumgängliche Pflicht nahegebracht. Da wir angeblich damit dem Gemeinwohl dienen, soll uns dieses „Muss“ gleichzeitig zufrieden machen (dabei macht es meist nur den Chef glücklich). Das Gemisch aus unseren persönlichen (naturgemäß konzipiertes Agieren) und den gleichgerichteten konditionierten Verhaltensmustern beherrscht unseren sozialen Alltag. Wir sind Menschen und als solche Gemeinschaftswesen.
Unsere derzeitige Kultur hat uns jedoch stark vereinzelt und damit sind die Pflichtübungen für alle enorm angestiegen. Jeder macht quasi alles allein. Die Entlastungen, die ein soziales (gegenseitiges) Nähe-Netzwerk einer unmittelbar Angehörigengruppe mit sich bringt, kennen wir alle kaum noch. Um zugehörige Nähe im Alltag zu fahren muss sich der erwachsene Mensch eine Fremden vertraut machen (oder Kinder anschaffen).
Natürlich sind neben der selbstverständlichen Erwerbstätigkeit, unsere täglichen Verrichtungen, wie essen und Nahrung zubereiten, Körperpflege und ausreichend Schlaf, Besinnung und Erholung zur Regenration, für unser Wohlbefinden unumgänglich und scheinbar brauchen wir dafür auch niemand anders. Der Single in der anonymen Großgesellschaft ist eine inzwischen ganz normale Erscheinung. Trotzdem, der direkte Wohlfühleffekt für das Individuum ist nicht leicht zu haben.Der Vereinzelte muss alles selbst auf die Reihe bringen, seinen Alltag organisieren, für seinen materiellen Unterhalt und seine alten Tage sorgen - aber er tut es (angeblich) gern. Die meiste Zeit wendet der Durchschnittsbürger daher für Tätigkeiten auf, die sich nicht unmittelbar auf die Fürsorge an bestimmten Menschen im unmittelbaren Umfeld beziehen. Den meisten fällt diese unnatürliche Lebensgestaltung gar nicht auf.
Trotzdem - so wie wir an gesellschaftsinitiierte Fremdsteuerung gewöhnt sind, so wenig lernen wir unser persönliches Zeitpotential ohne schlechtes Gewissen zu managen. Wir alle wissen genau, was „man so tun muss“ und entscheiden aus freien Stücken zu wenig, was zu tun ist, damit es uns (und unseren Angehörigen) gut tut.
'Tu was du willst und schade niemand' - erstes Hexengebot - kennt inzwischen jede... also was „muss“ ich wirklich? Das Auto zum TÜV bringen oder die Schwester zu ihrem Arzttermin fahren? Ich könnte ich es auch lassen und mit den entsprechenden Konsequenzen leben.
Wir (Menschen) sind evolutionär nicht darauf ausgerichtet ein Leben oder bestimmte Phasen davon in edler Einsamkeit zu verbringen - das ist unnatürlich bzw. nicht artgerecht ... aber solange sich die bürgerlich-kulturellen Parameter unseres patriverkorksten Gesellschaftssystem nicht ändern, bleibt mir nur zu sagen: mein Wille geschehe in meinem Leben und zwar ohne sich hinterher zu grämen, weil ich dieses oder jenes „muss“ einfach ignoriert habe...
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03 August 2014

sieh an...

wir haben schon August ... hier in Niedersachsen fangen die Ferien in diesem Jahr gerade erst an und anderen Orts gehen sie schon zu Ende ... ich beende nun meine schreibintensive Sommerpause im Alltag und nehme mir jedoch vor, meine Blogthemen gewissenhaft weiter zu verfolgen. Daher verschiebe ich auch einige Postes in meinen Zweit- und Drittblog, räume sozusagen ein bisschen auf...
und neben der Blogpflege mache ich da weiter, wo ich vor Monaten aufgehört habe. Dass heißt, so ganz stimmt das auch nicht, ich habe zwar an der Geschichte nicht unmittelbar weiter geschrieben, aber dafür die Biografielisten der ProtagonistInnen vervollständigt oder wichtige Nebenstränge bearbeitet. So konnte ich und darauf bin ich direkt ein bisschen stolz, an einem milden Frühsommerabend einen Blick in den geheimen und sonst für Menschenvolk nicht zugänglichen Kodex der Haus- und Gartenkobolde werfen ... mir brennen jetzt noch die Augen ... jedenfalls war es sehr mühsam die winzigen Schriftzeichen auf den Birkenrindenrollen zu entziffern, aber ich war ja überhaupt froh, dass Knorzel, die alte Koboldin mir so großzügig Einblick gewährte... auf meinen überschwänglichen Dank hin, meinte sie nur beiläufig, dass das nötig gewesen wäre, sonst käme ich ja gar nicht voran. Übrigens Kobolde tun zwar immer so als ob sie es nicht nötig hätten, aber in Wahrheit stehn sie total auf menschlichen Dank oder kleine Gaben, ich erwähne das nur, falls ihr mal mit einem Hauskobold zu tun habt. 
Also, jetzt mach ich mal weiter mit meiner Sommerarbeit (Urlaub gibt es erst im Herbst) und schließe mit einer der Perikopen des KKK (Kodex des Kreises der Kobolde):

Verschwende deine Gaben im richtigen Augenblick !
(3. erdige Weisheit des Koboldkodex)

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29 Juli 2014

Zwischen Fantasie und Wirklichkeit

Anne, die lange durch die Besucherleeren Räume des geschlossenen Museums geirrt war, stand nun erschöpft vor einem riesigen Gemälde. Es war ein pompöses Bild, in dessen Tiefe sie sich schier verlieren konnte. Es schien ihr, als könnte sie es betreten. Die Staffagefiguren im Vordergrund waren klein und zierlich, fast winzig, eigentlich passten sie nicht wirklich zur restlichen Bildkomposition. Die prächtige Landschaft, eingehüllt in ein diffuses Licht, lud zum Träumen ein ... 

bitte weiterlesen in meinem Blog KurzundProsa und ich wünsche euch weiterhin einen schönen Sommer ...

26 Juli 2014

null und nichtig


...seit neustem bin ich auf FB in einer Gruppe, die nennt sich „Nichts“. Das fand ich witzig und so habe mich gleich um Aufnahme beworben. Und nach dem ich dort auch einen nichtigen Spruch gepostet habe, lässt mich das Nichts um das Nichts nicht mehr los...

Das so vielfältig schillernde NICHTS ist den meisten seltsamer Weise sehr gut bekannt. Einigen aus ihren unterschiedlichsten Selbstversuchen, anderen beispielsweise aus Der unendlichen Geschichte. Dort ist das 'Nichts' ein grausames Ereignis, dass Stück für Stück das wunderbare Phantasien verschlingt – aber, keine Sorge, es eilt, wie es in der Literatur üblich ist, ein Retter herbei. Ein Junge bringt mit seinen fantasievollen Wünschen das Land erneut zum erblühen. Ich hoffe inständig, dass sich alle kleinen und großen Mädchen auch dessen bewusst sind, dass sie jederzeit ebenfalls ein Phantasien schaffen können ... also, ich werde nicht müde es ihnen zu sagen!
Das sogenannte Nichts ist somit eines der Tore, durch das wir unsere innere Welt betreten können und gleichzeitig ist es ein Portal zu den Gefilden, die gern als Anderswelt beschrieben werden. Das Nichts kann eine Art Brennglas sein, das unsere Sinne fokussiert - wir sehen, hören und fühlen mehr ... die Welt um uns wird dichter und gleichzeitig lichter... sie wird bunter, lebhafter und ebenso stiller und tiefer.
Das 'Nichts' hat erstaunlich viele Fassetten und dafür, dass es quasi nicht existent ist, finde ich diesen Umstand außerordentlich bemerkenswert. Eigentlich ist das Nichts eben absolut Nichts - so wie die Null eine Zahl ohne Wert ist. Aber und auch das beachtenswert, ohne die Null können wir auch keine Zehner, Hunderter, Millionen schreiben.
Das Nichts ist eine nicht bestimmbare Größe, in der wir uns ergehen können, mit und in ihr tun oder lassen was wir wollen. Andererseits ist Nichtstun verpönt. Aber was bedeutet es 'nichts' zu tun? Und wo kommt der schlechte Ruf des Nichtstun her?
Na? ... Aha … siehste, das ist es … wir sind erfolgreich dressiert worden und so haben wir wie es scheint, im Blick auf unser persönliches Sein nicht selten eine verschobene Wahrnehmung und oft auch ein völlig falsches Bild vom NICHTS und vom TUN. Ein Nichts-Tun gibt es nicht.
So wie es in Wirklichkeit das „Nichts“ nicht gibt. Es ist immer etwas da und es findet immer etwas statt, in unserer materiell- und energetisch-durchdrungenen Welt. Es ist eine Frage der Wertung bzw. der Bedeutung und was wir als beachtenswert oder als nichtig, für unsere Handlungen, Denkweisen oder Gefühle, halten.
Wenn ich sage: ich tue nichts, heißt das noch lange nicht, dass ich tatsächlich nichts tue – denn dann wäre ich tot. Und selbst da... wer weiß...
Das Leben 'tut' immer etwas - seit dem Moment, da es begonnen hat zu existieren. Und auch wir sind stets eins mit unseren inneren, vegetativen Abläufen, so wie wir uns unbewusst auf die lebendigen, selbsttätigen Automatismen in unserem Körper verlassen. Auch unser Geist ruht nie wirklich.
Unsere sinnliche Wahrnehmung ist immer aktiv. Selbst wenn wir vermeintlich nichts tun, kreisen wir mehr oder weniger aktiv in unserem inneren Kosmos. Was also ist dieser Begriff des Nichts? Er erscheint uns so plausibel, wir begegnen ihm überall - er ist und doch so wenig greifbar.
Seit unserer Geburt sind wir in eine Art 'sozialen Kollektivvertrag' eingebunden. Ohne unsere menschliche soziale Einbindung, die unserer Spezies eigen ist, hätten wir unsere ersten Tage nicht überlebt. Die soziale Gruppe ist ein Teil von uns, immer! Da gibt es kein Nichts, darf es nicht geben, zum gedeihlichen Heranwachsen des Einzelnen und zum Wohle aller.
Zwar suggeriert unser modernes Dasein manch einem, dass er gut ohne andere auskommt und niemanden wirklich braucht, doch benutzt er ohne groß darüber nachzudenken die Wasserleitung, das Stromnetz, die Abwasseranlage, die öffentlichen Verkehrsmittel, geht in all den kunterbunten Shoppingparadiesen einkaufen und hat einen Arbeitsplatz, an dem er für all das, das notwendige Geld verdient. Der (modere) Mensch partizipiert ständig von der Existenz und der Arbeit aller anderen, ohne dass diese essentielle Abhängigkeit als solche permanent thematisiert wird. Da der Großteil dieser benötigten Gütern und Dienstleistungen meist anonym bereitgestellt wird, nimmt es so mancher nicht nur selbstverständlich hin, es scheint ihm auch wie aus dem Nichts zu kommen.
Das Nichts ist eine Illusion ... es ist das Phänomen, das Existenz und Nichtexistenz in sich vereint und ab und zu brauchen wir einfach eine Priese von diesem NICHTS, damit uns die deftige Wirklichkeit nicht umhaut...


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25 Juli 2014

tanzen im Saal - Kindheit die Siebte

... es ist doch nicht so leicht, den Vorsatz durchzuhalten, täglich zu posten. Manchmal kommen schlichtweg Termine des Alltags dazwischen, persönliche Befindlichkeiten oder das Hirn ist leer, wie ein frisch gefegter Tanzsaal nach einer Kirmes.
Wie komme ich denn auf den Vergleich?
Aja, es ist wieder einmal ein Kindheitserinnerung. Für mich war es einst das Tollste in den leeren Saal zu schleichen und dort auf dem glatten, kunstvoll verschachtelten Parkett allein zu tanzen. Der Saal gehörte zu den Gebäuden des Dorfgasthauses, in dem wir, wie schon erwähnt, eine kleine Wohnung in einem Seitentrakt bewohnten.
Meine Hausschuhe hatten alle eine Zeitlang ständig vorn durchgestoßene Stellen, weil ich, wo ich ging und stand, Spitzentanz übte. Das muss sehr putzig ausgesehen haben mit meinen meist molligen, karierten Hausputschen. Ich fand es toll leichtfüßig auf meinen Zehenspitzen vor mich hin zu tanzen und war ich barfuß, blieb mir immer noch die Halbspitze. Kindern ist es, glaube ich, egal wie sie dabei aussehen, wenn sie sich nach einer, manchmal nur inneren, Musik bewegen wollen. Ich frage mich heute, wo ich meine Vorbilder herhatte. Aus Kinofilmen wahrscheinlich, die mir schon kleinerweise zugänglich waren. Einen Fernseher gab es nicht in meinem Kinderleben und eine Ballettaufführung auf einer richtigen Theaterbühne habe ich erst viel später gesehen.
Ich liebte es in dem Saal herum zu stöbern. Meine Mutter hat ihn oft genug geputzt und war ich immer dabei, wenn es die Gelegenheit erlaubte.
An der hinteren Wand des Saales gab es eine Bühne, wie damals in fast jedem Dorfgasthaus. Demgegenüber hing eine, mit Fenstern versehene, Empore über dem Eingangsbereich und der Theke. Eine schmale düstere Treppe, die mir gruselig erschien, führte nach oben. Aber dann war es für mich jedes mal erhebend von da das Geschehen auf der Bühne zu verfolgen.
Kirmestanz oder andere Veranstaltungen fanden meist an den Wochenenden statt. Und später, als ich selbst ein Schulkind war, diente der Saal unter der Woche als Turnhalle, was aus meiner Sicht seinem besonderen Zauber sehr geschadet hat.
Aber als ich klein war, wurde auf der Bühne des Saales Theater gespielt, Schulaufführungen, Laienspiel und ähnliches. Manchmal gastierte auch ein Chor oder eine andere darstellende Truppe. Am lebhaftesten sind mir noch die Marionettenspiele, die mehrmals stattfanden, im Gedächtnis. Es wurden Märchen und Sagen vor bunten Kulissen aufgeführt, so zum Beispiel die Geschichte von der Heiligen Genoveva. Es ist schon erstaunlich, was so Anfang der fünfziger Jahren noch möglich war und ich fand es einfach nur wunderbar - anfangs waren die kunstvollen Puppen fast so groß wie ich, bis ich über sie hinaus gewachsen bin. 
Von den Geschichten habe ich damals meist nicht viel verstanden, aber die Genoveva war sehr lieblich in ihrem himmelblauen Seidenkleid und dem goldenen Stirnreif, auch wenn sie sich ein wenig hölzern und eckig über die Bühne bewegte. Genoveva habe ich viele Jahre später in Lübeck im Marionettenmuseum wiedergesehen. Ich bin überzeugt davon, dass es genau die Puppe aus meiner Kindheit war - wir lagen uns weinend in den Armen, bildlich gesprochen.
In all den Jahren hatte ich immer mal wieder die Gelegenheit den Saal für mich allein zu haben. Die Bühne, mit dem schweren, dunkelroten Vorhang, die Ecken und Nischen und die mir damals riesig erscheinende Tanzfläche. Nur wenige Augenblicke dort herum zu hüpfen, Pirouetten zu drehen, mich im Takt einer unhörbaren Musik zu wiegen und in eleganten Posen zu ergehen, konnten mich für Tage glücklich machen.

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22 Juli 2014

leseprobe aus "jetlag"

Der Alte bewegte sich gemessen. Unter seinem Arm klemmte ein dünnes großformatiges Buch, in seinen Händen trug er ein silbernes Tablett, das er jetzt auf dem Tischchen im Erker abstellte.
"Setzen Sie sich! Ich habe eine wichtige Quelle mit gebracht. Eines der Haushaltsbücher aus dem Zeitraum. Da wollen wir doch mal sehen. Ach ja, bedienen Sie sich bitte."
Das war mehr als ich in diesem Gemäuer bisher gewohnt war. Ich nahm auf den mir bekannten Stühlen Platz, die noch genauso zierlich und makellos vor den Damastvorhängen standen, wie ich sie kannte. Die Bezüge schienen nur etwas abgewetzter. Auf einem der Stühle hatte ich erst vor ein paar Tagen, die eigentlich fast 200 Jahre zurück lagen,  gesessen...  

bitte hier weiterlesen: KurzundProsa


21 Juli 2014

launig bis launisch...


gerade frage ich mich, ob nicht vielleicht launig und launisch das Gleiche ist ... schnell noch mal nach sehen - nein ist es nicht ... ich bin also gern launig, aber launisch bin ich nicht. Ich erinnere mich, als ich noch klein bzw. jung war, wurde auch mir manches Mal nachgesagt, ich wäre launisch ... dabei ging es mir vielleicht gerade nur nicht gut oder ich wurde wieder einmal nicht gehört und bekam vor lauter Frust 'schlechte Laune'.

Launisch sein ist ein Zustand, den man selten selbst bei sich diagnostiziert. Die „eigenen Launen“ fallen einer meist gar nicht auf. Dafür reagiert unser Umfeld auf unsere sogenannten Launen. Und das führt oft genug dazu, dass das liebe Umfeld uns noch mehr unter Druck setzt oder ganz und gar ablehnt, besonders für Kinder schwer zu ertragen und zu begreifen. Empathie kommt jetzt erst langsam wieder in Mode...

darüber hinaus ist meine Meinung dazu, wenn sich eine selbst für launisch hält, dann hat man es ihr eingeredet. Launisch, unbeständig, unzufrieden, mürrisch, wechselhaft, kapriziös - es gibt eine Menge Bezeichnungen für die, andere störenden, Gemütszustände und das meiste davon wird Frauen nachgesagt. Dabei sind es doch nur unterdrückte Emotionen. Das was als "Laune" bezeichnet wird, ist nämlich nichts weiter, als eine zurückgehaltene Gefühlslage, die sich durch Übersprunghandlungen, seltsames Verhalten oder genervte Reaktionen dann doch Bahn bricht und so an die Umgebung Signale sendet...

wenn ich mich nicht so geben kann wie ich möchte, bekomme ich "schlechte Laune". Mein Befinden ist dadurch gestört und oft sogar nachhaltig. Wenn ich nicht so sein darf wie ich bin, wenn die Fremdsteuerung wieder einmal mein Leben übernommen hat und trotzdem sich alle um alles andere kümmern, nur nicht um das Befinden ihres Mitmenschen, dann kann 'launisch sein' auch zum Dauerzustand, zur Masche, werden.

Darüber hinaus wurden und werden Frauen immer noch darauf trainiert, sich (an allem) die Schuld zu geben - „sieh doch erst mal wo deine Anteile liegen“, ist immer noch ein beliebtes (esoterisches) Programm...
'launisch sein' ist kein willkürlicher Akt. Wenn plötzlich die Stimmung umschlägt, gibt sehr wohl auch einen Grund - es ist die Folge von (unterschiedlichsten) Beeinträchtigungen. Dieser Grund ist nicht immer einfach zu erkennen und wie wir wissen, es geschieht nie absichtlich, sondern hier handelt es sich um eine (innerkörperliche) Reaktion auf Energien, die uns umgeben und die somit in unseren Gesamt-Körperhaushalt eingreifen. Aber auch körpereigene Zustände können auch zu einem "Witterungsumschwung" führen - wie eine blöde Hormonlage oder Krankheitssituation ... und da sind erst recht keine Vorwürfe angebracht, weder durch einen selbst, noch durch andere... Empathie und Zuwendung sind angesagt.

"Was die Welt zusammenhält sind Felder, Energiefelder..." und innerhalb und durch diese, sind wir mit allem Lebendigen vernetzt. Das Individuum einer jeden Art folgt immer zwei Lebensimpulsen – dem Selbsterhalt, der wiederum den Arterhalt möglich macht und so die jeweiligen Wesenheiten weiter existieren lässt. Das Bindungs- und Beziehungsgeflecht in das wir, besonders wir Menschen, vom ersten Moment unseres Seins eingebunden sind, sorgt auch für unsere 'Laune'. Das was gemeinhin als Launen bezeichnet wird, ist durch unsere (unbewussten) Empfindungsabläufe initiiert ... genau genommen gibt es keine Launen, im Sinne von unberechenbaren und als störend angesehenem Verhalten ... denn ... es gibt für alles einen Grund ... und wenn wir uns nicht die Mühe machen wollen oder können, die 'Launen' der anderen zu ergründen, müssen wir sie halt hinnehmen oder besser noch, einfach mal nach dem Befinden fragen ... Härte zeigen war gestern ... heute leben wir im Zeitalter (der Entdeckung) der Empathie... 

zum Thema 'Launen' siehe auch Freundinnenblog...


19 Juli 2014

Wetterbericht II

... 13.00 Uhr ... Sonne strahlt gnadenlos (die Wetterseite nennt das "Heiter") ... 31°C (soll sich noch steigern) ... 1016,5 hPa (oha, der Luftdruck fällt langsam) ... Luftfeuchte 40% (noch staubt es nicht) … es ist immer noch Sommer ...

Heute begebe ich mich wieder auf die Heimreise... über 30°C und dann im Auto vier Stunden auf der Autobahn... so gern ich solche Strecken fahre, heute habe ich etwas Bammel... aber immer noch besser als auf einem Kamel in der Wüste ... oder? Eigentlich dachte ich mir, ich fahre in die Abendkühle, aber mit kühl wird es wohl nichts... auch Zuhause erwarten mich mind. 29°C... aber vielleicht gibt es unterwegs ein Gewitter ... im Auto bin ich hoffentlich sicher ...
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17 Juli 2014

Der Sinn des Lebens...


oder die Sehnsucht nach dem höheren Sein...

Sinnsuche ist uns Menschen eigen und eine der Triebfeder unserer Existenz - so scheint es. Ein Dasein, das morgen schon abrupt enden kann, ist manchen bei weitem nicht genug. Oder ihnen dünkt, das Leben ist ein Spiel und das kann schnell vorbei sein. Selbst in unserer heutigen Zeit, da die Durchschnittsbevölkerung ein hohes Alter erreichen kann, wird das Leben als kurz angesehen. Da muss unbedingt eine Verlängerung her. Bis wir als Einzelperson unsere Gegenwart auf Erden richtig durchschaut und halbwegs im Griff haben, ist unsere Spanne an Zeit ja auch fast schon wieder um.
Dabei wollten wir doch noch so viel tun und lernen und uns verbessern und vervollkommnen. Vielleicht fiel uns endlich die entscheidende Erkenntnis zu und nun fehlen uns die Jahre und die Gelegenheit oder die Kraft diese für unser Dasein sinnvoll anzuwenden.
Da braucht manch einer einfach mehr Zeit und nicht etwa nur ein paar Minuten Nachspielzeit, sondern am besten eine Möglichkeit alles nochmal und nochmal zu wiederholen, quasi solange zu reinkarnieren, bis das perfekte Sein für uns dabei herauskommt. Die christliche Vorstellung feuert den Menschen an, sich mittels Tugendhaftigkeit während seiner Erdenspanne den himmlischen und damit ewigen Lohn zu verdienen. Blöd ist nur, wenn man dann trotzdem in der Hölle landet. Daher ist vielen die Variante des abgeschlossenen Jenseits zu
unsicher und daher zu unattraktiv. Die Menschenseele möchte mindestens eine zweite Chance, noch besser mehrere.
Das Hoffen auf eine unendliche Abfolge von zu korrigierenden Variationen des eigenen Seins, eine Art Lebenszeitschleife meines höheren Selbst, ist eine der beliebten Lösungen. Diese Vorstellung beruhigt das Menschenwesen, das inzwischen weiß, dass es nicht perfekt ist, dass vieles schief gehen kann und dass nicht jeder Einzelne ein langes und erfülltes Leben genießen kann. Ein für alle mal nur ein Leben zu haben ist für keinen ein leichter Gedanke.
Unser Geist erschafft, erforscht, gestaltet unzählige Vorstellungen von möglichen Seinsstufen in den wir uns virtuell bewegen, unabhängig von der realen Welt in der sich unsere körperliche Manifestation bewegt. Da lassen wir unsere materielle Hülle im Alltagstrott oder in leidvollen Zuständen einfach zurück und träumen uns eigene Welten und bewegen uns in phantastische Räume und Imagination. Und wenn wir darüber schweigen, wird nie ein anderer Mensch je davon erfahren.

Das Mysterium 'Leben' selbst ist eine gigantische vielfältige Kraft, die wächst und wächst, sich variiert aber nie wiederholt. Es gibt, soviel ich weiß, keine Schablonen oder Matrizen, die immer Gleiches hervorbringen, es ist bestenfalls ähnlich. Es gibt keine identischen Lebewesen oder vollkommene Kopien. Für mich ist es ein faszinierender Gedanke, dass jedes Lebewesen, klein oder groß, ein absolutes Unikat ist. Bei all der Artenvielfalt und -ähnlichkeit auf unserem wunderbaren Planeten sind doch alle als Individuum einzigartig.
Aber trotzdem sind wir, als Menschen und so ist es auch bei anderen Arten, niemals "Einzelkämpferinnen". Viele Arten leben in mehr weniger großen und in mehr oder weniger geschlossenen Verbänden und darüber hinaus sind alle symbiotisch in dem sich selbst organisierenden und balancierenden Ökosystem miteinander verbunden. Und die viele Jahrtausende zurückreichende lebendige Komplexität, die wir in jeder Zelle tragen, führt zu Nachkommen und diesen reicht der Mensch auch sein erworbenes Wissen weiter.
Unseren Erdball überzieht ein fantastisches lebendes Gewebe, in einzigartige Schönheit und geheimnisvoller Varianz. Ein Phänomen, dass uns immer wieder wie ein tiefer Zauber anmutet und doch nichts weiter ist, als der Impuls des Lebens, der sich einst vor langer Zeit in Gang gesetzt hat.
Dieser Lebens- und Arterhalt ist mir persönlich eigentlich als das wirkliche 'Höheres Selbst' genug. Ich bin Teil eines überwältigend großen Ganzen und transportiere mein mir anvertrautes, von den Ahninnen überliefertes Potential und das von mir erworbenes Sein durch die Zeiten...
das muss nicht immer gut gehen, so wie wir Menschen es immer wieder hoffen, denn wie sagte auch schon Erich Kästner:


„Wird's besser? Wird's schlimmer?“, fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich: Leben ist immer lebensgefährlich.


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